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Die Geschichte der DST

Die Geschichte der DST

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Als am 13. Februar 1888 August Sigmund, Direktor und einziger Lehrer, die „Deutsche Schule Thessaloniki“ mit 16 Schülern aus Österreich und Deutschland eröffnete, regierte in Berlin Kaiser Wilhelm, in Österreich Kaiser Franz Joseph, und Thessaloniki gehörte noch zum Osmanischen Reich. Von Anfang an war die Schule eine Privatschule, Träger war der „Deutsche Schulverein“, der sich zwei Jahre zuvor konstituiert hatte. 144 türkische Pfund trug die Direktion der Orientalischen Eisenbahnen jährlich zu den Kosten der Schule bei, geringe Zuschüsse gewährten die Kaiserlichen Regierungen aus Deutschland und Österreich.

Diese bescheidenen Mittel genügten, und da auch die türkischen Behörden der neuen Schule freie Hand ließen, entwickelte sich die Schule schnell zu einer internationalen Gemeinschaft beachtlicher Größe (1898 hatte sie 214 Schüler, 1914 bereits 401 Schüler) mit 4 Sprachen: Deutsch, Französisch, Türkisch und Griechisch.

Das Sprachenangebot zeigt, dass sich die Schule bewußt an die Kinder einheimischer Familien wandte, aus denen sich auch ein großer Teil der Schüler rekrutierte. Die Schülerstatistik des Jahres 1913 weist neben deut schen und mp;ouml;sterreichischen Kindern einen großen Anteil aus jüdischen (123), griechischen (51) und türkischen (18) Familien auf, daneben erscheinen Serben, Bulgaren, Armenier. Engländer, Franzosen und Italiener. Organisiert war die Schule nach österreichischem System – Direktor Sigmund stammte aus Österreich – und umfaßte 7 Schulklassen. Da die Frage nach der Äquivalenz von Schulabschlüssen noch nicht gestellt wurde, standen den Schülern der Deutschen Schule alle Wege offen.

Der erste Weltkrieg unterbrach die Arbeit der Schule für neun Jahre; nach dem zweiten dauerte es 11 Jahre, bis die Schule wieder geöffnet werden konnte. In beiden Fällen jedoch konnte sofort eine Klasse mit ausschließlich griechischen Kindern gebildet werden: die Deutsche Schule hatte ihren guten Ruf behalten. Dies ist bis heute so geblieben. Neben etwa 200 Schülern in der deutschen Abteilung besuchten im Schuljahr 1997/98 über 400 griechische Schüler die griechische Abteilung; das griechische Schulpublikum schätzt die Qualität der Ausbildung und die Möglichkeit zur Begegnung mit der deutschen Kultur. Manche griechische Familie schickt ihre Kinder bereits in der dritten Generation zur Deutschen Schule.

Dies ist umso bemerkenswerter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass auf den Schüler der griechischen Abteilung überaus hohe Belastungen zukommen. Nicht nur, daß er mit 6 Wochenstunden Deutsch wöchentlich 6 Stunden mehr Unterricht als sein Altersgenosse hat, er muss von Anfang an dem Fachunterricht in allen Naturwissenschaften in einer Sprache folgen, die nicht seine Muttersprache ist. Am Ende seiner Schullaufbahn stehen eine griechische und eine deutsche Abiturprüfung, die erheblich differieren und zum Teil doppelten Lernaufwand erfordern.

Um diese für unsere griechischen Schüler unerträgliche und unpädagogische Situation zu erleichtern, hatten die beiden Deutschen Schulen in Griechenland zusammen mit der Deutschen Botschaft in Athen dem griechischen Erziehungsministerium das Konzept einer bikulturellen Schule mit einer bilingualen Abschlußprüfung vorgelegt, die in Griechenland und in Deutschland den freien Zugang zu den Universitäten ermöglicht.

Im Gegensatz zu früheren Versuchen dieser Art gibt es heute Grund für vorsichtigen Optimismus. Die griechische Bildungspolitik ist in Bewegung geraten. Das Lykeion wird reformiert, die bisher unumgängliche Universitätsaufnahmeprüfung wird abgeschafft, die Inhalte des Lehrstoffes und die Prüfungsformen sollen westeuropäischen Vorstellungen angenähert werden. Die beiden Deutschen Schulen bieten sich an, eine Modellfunktion in Richtung auf bikulturelle Schulen zu übernehmen, deren Griechenland dringend bedarf, und ohne dass es den griechischen Staat eine einzige Drachme kostet. Schon einmal, nämlich 1889-1915, war die DST eine multikulturelle Schule, warum nicht auch heute?

Dr. Alfred Schmitt (Schulleiter der DST von 1996 – 2002)

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